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 Martinique Minimize

Martinique

Nach Le Marin, der riesigen Bucht im Süden von Martinique, waren wir hauptsächlich wegen der Ersatzteile für unser französisches Boot gesegelt. Es war auch wirklich alles, fast alles, auf Lager nach dem wir in Trinidad vergeblich gesucht hatten. Der Kran war zwar mit 468 € mehr als doppelt so teuer wie in Trinidad (220 US$), auch die Arbeitsstunde hatte ein europäisches Preisniveau, aber was für ein Unterschied im Tempo!!! Wir kamen aus dem Staunen nicht heraus. Termine und Kostenvoranschläge wurden peinlich genau eingehalten, sogar unterboten, in zwei Tagen waren alle Teflonlager der Ruderanlage ausgetauscht worden, die Dichtungen der Hydraulik gewechselt, zwei weitere Tage brauchten die Spezialisten für das Abdichten sämtlicher Fenster und Lichtbänder, die mit immerhin 320 Schrauben befestigt werden müssen, ein neuer Motor für die Ankerwinsch wurde montiert, die Lenzöffnungen im Ankerkasten zugeschweißt und an einer besseren Stelle neue gebohrt, wir bekamen eine silbergraue Abdeckung für das Grossegel und die Sprayhood, alle Segel wurden durchgecheckt und repariert, Greement Rigging brachte alles wieder in Ordnung, was der Rigger von Budget Marine in Trinidad verbrochen hatte. Hundert andere Kleinigkeiten erledigten sich so nebenbei. Nach nur zwei Wochen war endlich wieder alles dort, wo es hingehörte und sogar Helmut war zufrieden. In Trinidad wäre das Unternehmen eine Lebensaufgabe geworden.

    

Nach all der Arbeit brauchten wir Urlaub vom Schiff, mieteten uns ein Auto und fuhren kreuz und quer über die Insel.

 

"Martinique, das ist nicht die Karibik, das ist Europa," meinten einige unserer Segelfreunde abwertend. Martinique ist ein Teil der Karibik, ein ganz kleiner, aber sicher nicht der schlechteste. Keine stinkenden Mistkübel, Bettler oder lästige Händler die aufs Boot kraxeln, aber ein funktionierendes Kanalsystem, sauberes Wasser in den Buchten, gute Strassen, eine brauchbare medizinische Versorgung,  hurrikansichere "Gemeindebauten" statt Wellblechhütten und freundliche, hilfsbereite Menschen.

 

Im Süden wand sich die Strasse durch eine herbstlich anmutende, trockene Landschaft, gelbe Blätter, welkes Laub am Asphalt, vorbei an schmalen Stränden mit schattigen Wäldchen.

 

Neben der Strasse standen weiße, asketische Kühe mit melancholischen Augen und einer Stimme wie ein Nebelhorn. Von den hübschen Häusern der neuen Ortschaften auf den Hügeln hatten wir traumhafte Ausblicke über die einsamen Buchten, die es hier noch gibt, weil sie wegen der gefährlichen Riffe von den meisten Skippern gemieden werden und für Charterboote überhaupt gesperrt sind.

 

In der Nähe von Le Francois steht die liebevoll renovierte, stattliche Habitation Clément. Das Herrenhaus aus dem 18. Jhdt. liegt zwischen hohen alten Bäume auf einem Hügel über der Rumfabrik. Die geschickte Bauweise ermöglichte ein kühles, luftiges Klima und nicht nur Schutz gegen Sturm, sondern auch gegen einen Sklavenaufstand, den die zahlenmäßig stark unterlegenen Weißen mehr fürchteten als das ärgste Unwetter.

 

Je weiter wir nach Norden kamen, umso grüner wurde das Land. Wiesen, Weiden und sanfte Hügel mit üppig wogendem Zuckerrohr werden durch hohe  Windschutzgürtel unterbrochen hinter denen Bananen und Obstbäume wachsen.Bei Le Lorrain bogen wir ins Inselinnere ab. Die Landschaft gleicht einem Garten Eden, zuerst noch Kulturland, das aber bald in Regenwald übergeht, haushoher Bambus, Farne und die seidigen goldgelben Wedeln der Kokosnusspalmen bilden ein grünes Gewölbe über die Straßenschluchten, durch das nur ab und zu die Sonne blinzelt.

 

Die Ortschaften standen im Wettstreit um den schönsten Blumenschmuck.  Dunkelrote Keulenlilien, rostig-goldener Croton, rosa Oleander säumten die Durchfahrten. Die Straßenlaternen und Brückengeländer haben in jedem Bezirk eine andere Farbe, rot, lila, azurblau. Der Vulkankegel des Mount Pelée (1 463 m) steckte, wie fast immer in den Wolken. Aus der Wanderung zum Gipfel wurde nichts.

 

Als "Schlechtwetterprogramm" haben wir die Plantation Leyritz besucht. Das alte Herrenhaus aus dem 17.Jhdt liegt an einem absolut fantastischen Platz mit Blick zum Vulkan, über die Bananen- und Zuckerrohrfelder und übers Meer. Die ehemaligen Sklavenquartiere wurden renoviert und werden als Bungalows vermietet. Aircondition, Schwimmbad und Tennisplatz dürften die Arbeitstiere allerdings damals noch nicht gehabt haben.

  

Eine Ausstellung zeigte in etwa 30 cm großen Modepuppen aus Bananenblättern und anderen Naturmaterialien, wie sich die eleganten Damen damals gekleidet haben.
St.Pierre, an der Westküste, früher Hauptstadt, jetzt verschlafen, noch immer schwarz vom verheerenden Vulkanausbruch des Mount Pelée, bei dem 1902 fast 30.000 Einwohner unter den Lavamaßen begraben worden waren. Nur ein Mann hatte überlebt, beschützt durch die starken Mauern des Gefängnisses, wo er gerade eingesperrt war.

  

Fort-de-France ist im Gegensatz zu den anderen Hauptstädten der Karibik, eine richtige Stadt mit Hochhäusern, Busverbindungen, Ämtern, einem wichtigen Handelshafen und mehr oder weniger noblen Geschäftsstrassen.

 

Wir wanderten durch die weihnachtlich geschmückte Fußgängerzone, besuchten den Gewürzmarkt und die Bibliothek Schölcher. Das Andenken an den Belgier Viktor Schoelcher, der sich im 19.Jhdt nach dem Ende der Sklaverei für die Ausbildung der schwarzen Bevölkerung bemühte, wird in Ehren gehalten.

  

Reede vor der Stadt ist durch den dichten Fährverkehr sehr unruhig. Besser ankert man in der Anse Mitan gegenüber, aber unser Lieblingsplatz ist der stille Ententeich vor dem Golfplatz der netten Ortschaft Trois-Islets, dem Geburtsort der Kaiserin Josephine.

 

Josephines Geburtshaus (La Musée de la Pagerie) war leider genau so, wie wir es erwartet haben. Die Ausstellung ist eine Beweihräucherung der charmanten "Kaiserin der Franzosen", ähnlich wie der Kitsch um den Tod Napoleons in St.Helena.

Viel ist von der Plantage nicht über geblieben. Josephines Vater hatte sein ganzes Geld verspielt und als ein Hurrikan die Plantage zerstörte, da war nichts mehr da um die Gebäude wieder zu errichten.
Nur das Küchengebäude steht noch und wurde liebevoll als Gedenkstätte restauriert. Viele der ausgestellten Bilder, besonders jene, die erst Jahre, sogar Jahrzehnte nach Josephines Tod entstanden sind, zeigen ein liebliches blondes, blauäugiges Geschöpf. Nur auf einem einzigen Bild hat der Maler sich anscheinend eher an die Realität gehalten. Das Gesicht, von dunklen Locken umrahmt, wirkt herb und entschlossen, die Augen unter den kräftigen Brauen hart und erfahren. Josephine war viel älter als Napoleon und sicher kein sanfter Engel, sonst hätten sie und ihre Kinder das Gemetzel der Französischen Revolution nicht überlebt.

 

Die dunkelhäutige Bevölkerung der Insel gibt Josephine die Schuld daran, dass Napoleon die Sklaverei auf den französischen Überseegebieten wieder eingeführt hat. In Fort-de-France steht eine Statue der Kaiserin, eine graziöse Gestalt, in einem Kleid, das sich im Wind bauscht, der vom Meer her weht. Aufs Meer hinausschauen kann sie nicht mehr, der Kopf fehlt, wurde ihr brutal abgeschlagen, vom Hals herunter laufen rote Spuren, Farbe die wie Blut über Brust und Rücken laufen.

Nicht weit von Trois-Islets, in einem alten Plantagenhaus (La Maison de la Canne), fanden wir einen sehr interessanten Kunsthandwerksmarkt und im ersten Stock ein Kaffeemuseum. Die Töpfereien, Bilder, Schmuck und viele nette Dekorstücke waren ausgesprochen geschmackvoll. Einiges hätte mich gereizt, vor allem die Keramiklampen, Vasen, Geschirr, aber leider sind wir mit einem kleinen Boot unterwegs, auf dem es auch ohne Kaufrausch schon sehr eng ist.
Hoch oben, über Fort-de-France, mitten im dichten Grün, steht eine Kirche, die aussieht wie Sacre Coeur, nicht  ganz so weiß, nicht ganz so groß, aber immerhin recht eindrucksvoll - La Balata. Wir kamen rechtzeitig zur Morgenmesse. Die Gemeinde sang in erstaunlich einheitlichem Jubelgesang,  der ehrlich gesagt viel klarer und heller klang, als wir das von zu Hause gewöhnt sind.

 

Obwohl der Botanische Garten von La Balata erst 20 Jahre jung ist, hat sich bereits eine üppige tropische Pracht entfalten können: schattige Palmengärten, Teiche mit Seerosen und Harlekinfischen, auf den Bäumen wachsen Bromelien und Orchideen und spanisches Moos hängt in langen hellen Fäden bis zum Boden herunter. Unter einem Palmwedeldach klammerten sich drei winzige Fledermäuse aneinander, Kolibris schwirrten von Blüte zu Blüte und kleine grüne Eidechsen sonnten sich auf den Blättern - ein paradiesischer Garten.

  

 

 

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